Die Pädagogische Grundlage
Seit 1994 hat die Freie Montessori Schule eine pädagogische Grundkonzeption, die sich am Werk der italienischen Reformpädagogin und Ärztin Maria Montessori (1870-1952) orientiert. Elemente anderer pädagogischer Richtungen werden miteinbezogen, sofern sie dem Grundanliegen Maria Montessoris nicht widersprechen.
Grundgedanken der Montessoripädagogik
Aus Maria Montessoris Schriften ist immer ihre Liebe und Achtung den Kindern gegenüber herauszulesen. Das Kind, Pädagogin und Eltern sind Partner in Hinblick auf die Entwicklung des Kindes. Maria Montessoris wichtigstes Ziel war es, den Kindern eine freie Entwicklung zu ermöglichen. Erziehung sollte nicht direkt eingreifen, sondern eine indirekte Hilfe zur Selbsterziehung und Selbstentfaltung geben.
"Hilf mir, es selbst zu tun. Zeige mir, wie es geht. Tu es nicht für mich. Ich kann und will es allein tun. Hab Geduld meine Wege zu begreifen. Sie sind vielleicht länger, vielleicht brauche ich mehr Zeit, weil ich mehrere Versuche machen will. Mute mir Fehler und Anstrengung zu denn daraus kann ich lernen." (M. Montessori)
Dazu bedarf es einiger Voraussetzungen
Die pädagogisch vorbereitete Umgebung gestaltet sich einerseits aus einem vielfältigen, qualitativ hochwertigen Materialangebot und andererseits aus einer entspannten Arbeitsatmosphäre. Das Kind soll sich in seiner Umgebung wohlfühlen und auch von ihr zum Lernen angeregt werden. Die Lehrperson hat eine begleitende, beobachtende und unterstützende Aufgabe und ist gleichzeitig Teil dieser vorbereiteten Umgebung. Bei Bedarf tritt sie als Vermittler zwischen dem Material und den Kindern auf.
Jedes Material hat seinen festen Platz und ist für das Kind leicht zugänglich. Die klare Anordnung der Entwicklungsmaterialien hilft dem Kind einerseits sich im Schulzimmer richtig zu orientieren, andererseits lernt das Kind, durch die äußere Ordnung eine eigene innere Ordnung zu finden.
Merkmale der Lern- und Entwicklungsmaterialien:
Aufforderungscharakter – Aktivitätsmomente
Der Aufforderungscharakter der Materialien soll beim Kind Interesse, Neugierde und Motivation wecken. Die Materialien sollen qualitativ hochwertig und ästhetisch ansprechend sein.
Die Lernmaterialien ermöglichen eine Umgebung, die reich an interessanten Aktivitätsmomenten ist. Dadurch wird den Kindern und Jugendlichen ein Arbeitsweg eröffnet, den sie individuell und altersadäquat gestalten und strukturieren können.
Einmaligkeit
Jedes Material kommt in der Regel nur einmal vor. Dies hebt seine Wichtigkeit hervor und fördert gleichzeitig auch das soziale Lernen, da die Kinder auch lernen müssen gegenseitig Rücksicht zu nehmen.
Isolierung der Schwierigkeit
Das Material soll so aufgebaut sein, dass sich das Kind bei der Arbeit mit einer zu erlernenden Schwierigkeit auseinandersetzt. So soll vermieden werden, dass es zu Verwirrung und Überforderung durch das gleichzeitige Auftreten von mehreren Schwierigkeiten kommt.
Materialisierte Abstraktion
Das didaktische Material bietet dem Kind eine „materialisierte Abstraktion“. Der Aufbau und die Anwendung des Montessorimaterials ermöglicht ein Lernen, bei welchem das Kind von der konkreten Form und Handlung zur abstrakten Vorstellung gelangt.
Selbstkontrolle
Das Material enthält die Möglichkeit der Selbstkontrolle. Damit kann sich das Kind selbst korrigieren, die Unabhängigkeit von Erwachsenen wird dadurch gefördert und unterstützt. So wird der Grundstein zu einer grundsätzlich anderen Kultur des „Fehlers“ gelegt. Er wird Anlass, eine Arbeit nochmals zu bearbeiten, zu durchdenken.
Maria Montessori entdeckte, dass sich Kinder über längere Zeit einer Sache intensiv hingeben können. Das Montessori-Material ermöglicht die „Polarisation der Aufmerksamkeit“, das heißt, die vollkommene Zuwendung des Kindes zu einer bestimmten Tätigkeit. Durch häufiges Wiederholen einer Übung in unterschiedlicher Variation und in freiwilliger Konzentration ergibt sich ein nachhaltiger Lerneffekt. Neuere Hirnforschungen (Dr. Manfred Spitzer, Dr. Dr. Gerhard Roth u.a.) und psychologische Erkenntnisse (Mihaly Cszikszentmihalyi u.a.) haben diese Erkenntnis von Maria Montessori bestätigt.
Die Freiarbeit ist das Kernstück der Montessori–Pädagogik. Das Kind wählt seine Arbeit frei nach seinen aktuellen Bedürfnissen aus, plant seine Arbeit hinsichtlich Lerntempo und persönlichem Rhythmus und entscheidet selbst, wie oft und wie lange es mit einem Material arbeiten will. Es richtet sich seinen Arbeitsplatz ein und muss sich nötige Hilfsmittel bzw. Unterstützung organisieren. Das Kind kann auch über die Sozialform der Arbeit (allein, mit Partner oder in einer Gruppe) selbst entscheiden.
Diese Form der Arbeit erfordert vom Kind eine hohe kognitive und soziale Kompetenz, die es auf diese Weise in altersheterogenen Gruppen realitätsnah entwickeln und praktizieren kann.
Die Entwicklung des Kindes verläuft in sensiblen Phasen, während denen das Kind bestimmte Umweltausschnitte fokussiert. In diesen Entwicklungsphasen ist es für bestimmte Inhalte besonders aufnahmefähig und interessiert. In dieser Zeit lernt das Kind aus eigenem Antrieb mit besonderer Leichtigkeit und Freude. In der Montessori-Pädagogik werden die sensiblen Phasen des Kindes beachtet und unterstützt, indem das Kind die Freiheit erhält, seine Interessen und sein Lernen nach diesen inneren Vorgängen zu richten.
Die Lehrpersonen verstehen sich als „Begleiter“ und „Beobachter“, die dem Kind mit Respekt und Liebe begegnen. Im Gestalten der vorbereiteten Umgebung und durch das Schaffen einer entspannten Atmosphäre unterstützen sie die Kinder in der Entfaltung ihrer Persönlichkeit. Die Lehrperson nimmt das Kind in seiner Gesamtpersönlichkeit und Individualität wahr. Sie geht eher zurückhaltend vor, beobachtet das Kind, damit sie es gezielt dort unterstützen kann, wo es notwendig ist oder ihm den nächsten Lernschritt vorstellt. Das Kind wird in Form von Darbietungen in unbekanntes Lernmaterial eingeführt, dessen Handhabung wird ihm gezeigt. Es ist aber dem Kind überlassen, es auf seine Weise weiter auszuführen. Durch die Förderung der Stärken des Kindes bekommt es zunehmend Zutrauen auch die „Schwächen“ anzugehen und den „Fehler als Freund“ und nicht als Feind anzunehmen.
Dem Kind das notwendige Vertrauen entgegenzubringen, dass es durch sein Tun seinem ureigensten Entwicklungsplan folgt, seinem inneren Bauplan nachgeht, ist eine der größten Herausforderungen an Eltern und Lehrpersonen. Das Kind ist von Anfang seines Lebens an eine eigenständige Persönlichkeit, der mit Liebe und Respekt zu begegnen ist. In seinem Innersten weiß es um seine Bedürfnisse und Entwicklungsschritte. Die Hilfe zur Selbsthilfe ist ein wichtiges didaktisches Prinzip der Lernbegleiter.
In der Montessoripädagogik wird auf die Individualität der Kinder Rücksicht genommen. Jedes einzelne Kind soll seine Eigenheiten bewahren können, indem es durch selbständige und selbsttätige Arbeit Zuversicht in sich selbst gewinnen lernt. Sein Selbstvertrauen wird gestärkt, die Persönlichkeit wächst und das Kind reift zu einem in sich selbst ruhenden Menschen heran. Das Resultat ist Selbstachtung und Liebe zu sich selbst, aus welchen Liebe und Freude am Mitmenschen und somit die Fähigkeit zur Gemeinschaft wachsen.
Jahrgangsgemischte Klassen
Ein wesentliches Prinzip der Montessoripädagogik ist das Lernen in altersgemischten Gruppen. Die jüngeren Kinder erleben die Lerninhalte bei den älteren Kindern und haben so eine Orientierung für ihren persönlichen Lernweg. Die älteren Kinder können ihren Wissensvorsprung vermitteln und dadurch ihr eigenes Wissen festigen und vertiefen. Es ist für die Kinder eine reiche und wichtige Erfahrung, voneinander zu lernen, die verschiedenen Bedürfnisse zu respektieren und Rücksicht und Verständnis für jüngere und ältere Mitschüler zu entwickeln, sowie mit Konflikten konstruktiv umzugehen und Verantwortung zu übernehmen.
Lernen in Wissenszusammenhängen
Maria Montessori ging davon aus, dass der gesamten Schöpfung ein einheitlicher Plan (Schöpfungsplan) zugrunde liegt. Unsere Erde und die Natur stellen eine Einheit dar, in der jeder Teil, jede Pflanze und jedes Lebewesen eine Aufgabe für das Ganze erfüllt. Umgekehrt dient das Ganze den einzelnen Teilen. Ziel der kosmischen Erziehung ist es, Lernenden die kosmische Ordnung und die wechselseitige Angewiesenheit vor Augen zu stellen und die eigene Verantwortung im „Schöpfungsplan“ wahr- und anzunehmen, denn „Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Einzelteile.“ (Aristoteles, griechischer Philosoph (384 - 322 v. Chr.). Die Kosmische Erziehung ermöglicht es Kindern und Jugendlichen die kosmische Sichtweise durch eigene Beobachtungen, Erfahrungen, Einsichten und Reflexionen zu entwickeln.
Eltern verwirklichen die Montessoripädagogik im täglichen Zusammensein mit den Kindern. Dabei kann es notwendig sein, dass sich Mütter und Väter auf einen eigenen Lernprozess einlassen.
An den regelmäßig stattfindenden Elternabenden und Elterngesprächen werden wichtige Dinge des Schulalltags besprochen, sowie der individuelle Entwicklungsstand der Kinder und Jugendlichen reflektiert. Zusammen mit den Lehrpersonen wird den Kindern dadurch eine ganzheitliche und nachhaltige schulische Entwicklung mit hoher Qualität geboten.
Alle Eltern sind aktive Mitglieder des Vereins Freie Montessori Schule. Der Verein, dessen Tätigkeit nicht auf Gewinnerzielung gerichtet ist, bezweckt: Kinderorientierte Schulbildung (Führung der Freien Montessori Schule) und Erziehung sowie eine diese ergänzende Betreuung Minderjähriger (auch in schulfreien Zeiten) und die Förderung und Erforschung von kindgerechten pädagogischen Ansätzen und Modellen.